Sowohl Kinder als auch Jugendliche können unter den verschiedensten Belastungen leiden. Das können Konflikte oder belastende Situationen innerhalb der Familie sein, ein prägendes Verlusterlebnis oder eine frühkindliche Traumatisierung, Mobbing oder überhöhter Leistungsdruck in der Schule, Schwierigkeiten innerhalb der eigenen Peergroup oder hormonell bedingte Veränderungen während der Pubertät.
Derartige Belastungen äußern sich in unterschiedlicher Weise und können von Verhaltensauffälligkeiten und heftigen Stimmungsschwankungen über somatische Beschwerden, also körperliche Schmerzen ohne medizinische Erklärung oder psychisch bedingte körperliche Erkrankungen, bis hin zu allgemeinen Entwicklungsverzögerungen und psychischen Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters reichen. Intensive Wutausbrüche, ausgeprägter Rückzug oder – insbesondere bei Jugendlichen – exzessives, selbstschädigendes Verhalten deuten meist auf eine zugrundeliegende Belastungssituation hin. Sie sind häufig Ausdruck und zugleich Bewältigungsversuch der unangenehmen Spannungsgefühle.
Die Sprache der Kinder und Jugendlichen
Im Unterschied zu uns Erwachsenen, die wir meist in der Lage sind unsere Gefühle zu reflektieren, zu benennen und auch sprachlich zum Ausdruck zu bringen, stehen Kinder und Jugendliche, denen es nicht gut geht, bereits an diesem Punkt vor einer scheinbar unlösbaren Herausforderung: Insbesondere kleinen Kindern fehlt die Fähigkeit, komplexe Emotionen zu reflektieren einerseits, sowie der nötige Wortschatz, um ihre Gefühle passend zu artikulieren, auf der anderen Seite. Während Jugendliche bereits über den Wortschatz und meist auch über die Reflexionsfähigkeit verfügen, sind sie jedoch insbesondere zur Zeit der Pubertät häufig von ihren eigenen Gefühlen überrollt und überwältigt. Auch spielt hier der in der Kindheit erlernte Umgang mit bzw. Ausdruck von Emotionen eine wichtige Rolle.
Kinder und Jugendliche drücken also unangenehme Gefühlszustände und Belastungen selten mit konkreten Worten aus, sie kommen nur in Ausnahmefällen zu uns als Eltern und sagen: „Es geht mir nicht gut, ich brauche deine Hilfe!“ Stattdessen zeigen sie es uns durch ihr Verhalten. Unsere Aufgabe ist es, demgegenüber aufmerksam zu sein und bei gravierenden Veränderungen oder Auffälligkeiten darauf zu reagieren. In einem solchen Fall ist eine therapeutische Begleitung der Kinder bzw. Jugendlichen und deren Familie sinnvoll. Sie bietet einen sicheren Rahmen, in dem Kinder bzw. Jugendliche mittels spielerischer und kreativer Techniken aktuelle Themen bearbeitet und die zugrundeliegenden Belastungen erforscht werden.
Wie Therapie für Kinder und Jugendliche funktioniert
Die Grundlage bildet dabei eine tragfähige therapeutische Beziehung, also eine Vertrauensbasis zwischen Kind bzw. Jugendlichem/Jugendlicher und Therapeut*in, die das gemeinsame Arbeiten ermöglicht. In weiterer Folge gilt es auch herauszufinden, über welches Medium ein guter Emotionsausdruck möglich ist – während die einen sich gerne im freien bzw. Rollenspiel ausdrücken, gelingt es anderen über Zeichnungen, über Schreiben, Musik, Bewegung oder im Zuge von Fantasiereisen und Imaginationen. Hier ist ein breites Spektrum an Techniken und Methoden notwendig, um möglichst viele Ebenen und Kanäle des Emotionsausdrucks eröffnen und bespielen zu können. Ebenso wichtig ist es, das Kind bzw. den Jugendlichen/die Jugendliche nicht isoliert vom persönlichen Umfeld und den Bezugspersonen zu betrachten, sondern das gesamte System miteinzubeziehen – sowohl thematisch in Einzelsitzungen, als auch mit tatsächlicher Präsenz im Rahmen von Eltern- bzw. Familienterminen. (Mehr dazu in unserem Artikel zum Thema: Niemand ist eine Insel – Wozu eigentlich Familientherapie?)
Eine Therapie ist sinnvoll, wenn das Verhalten von Kindern bzw. Jugendlichen entweder im Vergleich zu ihrem sonstigen Verhalten oder aber im Vergleich zum durchschnittlichen Verhalten anderer Kinder auffällig bzw. stark abweichend ist und den Bezugspersonen – Eltern, Lehrer*innen, Pädagog*innen usw. – Sorgen bereitet. Sie unterstützt die Kinder bzw. Jugendlichen und deren Familie, begleitet Wachstums- und Veränderungsprozesse und geht dabei kindgerecht bzw. angepasst an die Bedürfnisse von Heranwachsenden vor.
Wann kann eine psychologische bzw. Psychotherapie helfen?
Wenn Sie sich in einer oder mehreren der folgenden Aussagen wiederfinden:
- In letzter Zeit habe ich den Eindruck, dass mein Kind sich immer mehr zurückzieht. Es scheint sich in sozialen Situationen unwohl zu fühlen bzw. Schwierigkeiten mit Sozialkontakten zu haben.
- Mein Kind zeigt Verhaltensauffälligkeiten oder Anzeichen einer Entwicklungsverzögerung. Das fällt im Kindergarten, in der Schule und/oder zuhause auf.
- Ich streite in letzter Zeit häufig mit meinem Kind und habe das Gefühl, den Zugang zu ihm zu verlieren.
- In Auseinandersetzungen reagiert mein Kind mit heftigen Gefühlsausbrüchen oder körperlicher Aggression, manchmal schreit es bis zur Erschöpfung oder wird mir gegenüber sogar handgreiflich.
- Mein Kind leidet unter wiederkehrenden körperlichen Symptomen, für die medizinische Befunde keine ausreichende Erklärung bieten (z.B. Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Ein- oder Durchschlafstörungen, Albträume).
- Mein Kind möchte nicht in den Kindergarten/in die Schule gehen. Es kommt morgens nicht aus dem Bett, weint/schreit, verweigert den Schulbesuch oder zeigt körperliche Symptome, die zu einer Krankschreibung führen.
- Mein Kind verletzt sich selbst, konsumiert regelmäßig Alkohol oder zeigt eine andere Art von Risikoverhalten, das mir Sorgen bereitet.