Teil III der Reihe: HAPPY HEALTHY FAMILY
In unserem letzten Artikel (nachzulesen hier) haben wir eine Lanze für Grenzen in der Erziehung gebrochen. Wir haben festgestellt, dass Kinder für eine gesunde Entwicklung sowohl Freiheiten als auch Orientierung brauchen. Heute gibt es dazu ein paar praktische Tipps für den Alltag! Wir möchten gemeinsam einen Blick darauf werfen, wie bindungsorientierte Erziehung (den Artikel dazu gibt es hier nachzulesen) gelingen und sowohl Kinder als auch Eltern stärken kann. Dazu geben wir drei praktische Tipps für ein gelingendes Miteinander. Was wir und unsere Kinder dabei lernen können, verraten wir zum Schluss…
1. Bedürfnisse ausbalancieren
Wahrscheinlich kennen alle Eltern diese oder eine ähnliche Situation: Wir sind gerade dabei aufzuräumen, als unser Kind den dringenden Wunsch äußert, ein Bild mit Fingerfarben zu malen. Obwohl uns das gerade gar nicht in unseren Plan passt, möchten wir unserem Kind seinen Wunsch nicht abschlagen und beschließen dem nachzukommen. Und obwohl wir es gut gemeint haben, endet die Situation im Drama – mit Fingerfarben auf Kleidung, Esstisch und Teppich, einem schreienden Elternteil und einem noch lauter schreienden Kind.
Warum die Situation eskaliert ist? Vermutlich, weil wir ein Bedürfnis übergangen haben. Vielleicht wollten wir das, was wir angefangen hatten, gerne zu Ende bringen. Vielleicht wollten wir uns auch noch für einen Augenblick mit einer Tasse Kaffee aufs Sofa setzen oder für ein paar Minuten in der Zeitung blättern. Wahrscheinlich wären wir viel entspannter gewesen, wenn wir mit unserem Kind vereinbart hätten, dass wir unsere Sache zu Ende bringen und ihm danach unsere ungeteilte Aufmerksamkeit schenken. Bestimmt hätten wir dann trotz der verschütteten Fingerfarben viel gelassener reagiert.
Wenn wir einen liebevollen, wertschätzenden und stärkenden Umgang miteinander pflegen wollen, ist es nicht ausreichend, nur auf die Bedürfnisse unseres Kindes zu hören. Wir müssen auch achtsam gegenüber unseren eigenen Bedürfnissen sein und sie miteinander in Balance bringen. Das bedeutet, dass wir bewusste Entscheidungen darüber treffen, was wir aktuell tun können bzw. möchten, was wir lieber auf später verschieben und welcher kindliche Wunsch bzw. welche Verhaltensweise sich vielleicht gar nicht mit unseren eigenen Bedürfnissen vereinbaren lässt. Das bedeutet nicht, dass wir uns egoistisch verhalten, sondern dass wir als Eltern authentisch sind!
2. Nein sagen
Um unsere Bedürfnisse und die unseres Kindes auszubalancieren, müssen wir hin und wieder Nein sagen. Doch was so einfach klingt, scheint oft eine große Herausforderung für uns zu sein. Ein Nein ist mit vielen negativen Wertungen behaftet: Es gilt als unfreundlich, nicht hilfsbereit, unhöflich, es „gehört sich nicht“. Besonders Frauen wurden früher meist nicht zum Neinsagen ermutigt und auch heute gibt es in der Erziehung von Mädchen in dieser Hinsicht Nachholbedarf.
Dabei ist Nein ein unglaublich wichtiges Wort, mit dem wir unsere eigenen Grenzen wahren und für unsere Sicherheit sorgen. Ein Nein zu etwas, das wir nicht wollen, ist zugleich immer auch ein Ja zu uns selbst! Wenn wir nun versuchen, das Nein in der Erziehung unseres Kindes zu vermeiden, laufen wir damit nicht nur Gefahr, permanent unsere eigenen Grenzen zu verletzen. Wir verabsäumen es auch unserem Kind beizubringen, wie es seine eigenen Grenzen schützt! Das ist jedoch etwas, das Kinder unbedingt lernen sollten. Und ebenso wertvoll ist es für sie zu lernen, die Grenzen der anderen und deren Nein zu respektieren.
3. Für Positivity sorgen
Sind wir im Familienalltag erst einmal mit gewissen Herausforderungen konfrontiert, rückt das Negative schnell in den Fokus. Wir arbeiten intensiv an einer Lösung, wälzen das Problem mit Freund*innen und lesen unzählige Erziehungsratgeber. Oft beschert uns das nicht viel mehr als ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit – und unser Problem erscheint uns plötzlich kaum zu bewältigen.
Spätestens an dieser Stelle ist der richtige Moment, um Stopp zu sagen und den Negativ-Fokus für eine Weile zu verabschieden! Was dabei hilft, sind schöne Erlebnisse miteinander. Ein Ausflug, gemeinsames Basteln, einen Kuchen backen oder ein Spielenachmittag – was auch immer der Familie Freude macht, ist jetzt sinnvoll und wichtig! Dabei sollten wir möglichst darauf achten, dass wir die bekannten Eskalationsauslöser vermeiden. Ein Spaziergang im Wald kann Spaß machen – oder aber zum Drama werden, wenn das Anziehen der Schuhe beim 3-Jährigen meist mit lautem Schreien endet. Wenn wir für ein positives Erlebnis sorgen, sollten wir also Situationen vermeiden, in denen es erfahrungsgemäß oft zu Streit kommt.
Ist der Alltag angespannt, müssen wir bewusst und ganz gezielt für Positivity und Entspannung sorgen. Was dabei hilft: sich auf die positiven Dinge, Stärken und Ressourcen zu fokussieren! Zum Beispiel können wir unserem Kind abends vor dem Zubettgehen drei Dinge sagen, die wir heute mit ihm genossen haben. Oder wir können ihm zuflüstern, was wir ganz besonders an ihm mögen.
Was wir und unsere Kinder dabei lernen können…
Drei Tipps – das mag wenig klingen und in der Umsetzung manchmal ganz schön viel sein. Doch ein Versuch lohnt sich! (Und niemand muss gleich perfekt sein.) Denn wenn wir diese Tipps in unseren Alltag integrieren, gehen wir mit gutem Beispiel voran und können Folgendes sowohl für uns selbst lernen bzw. trainieren als auch unserem Kind beibringen:
- Selbstfürsorge. Das bedeutet, achtsam auf unsere eigenen Bedürfnisse zu hören und die eigenen Grenzen zu wahren.
- Empathie. Wir sind achtsam den Bedürfnissen unserer Mitmenschen gegenüber und respektieren deren Grenzen.
- Konstruktiver Umgang mit Frustrationen und Konflikten.
- Durchhaltevermögen. Wir lernen, auf etwas zu warten bzw. an einer Sache dranzubleiben.
- Kompromissfähigkeit.
Außerdem vermitteln wir unserem Kind mit unserer achtsamen und wertschätzenden Haltung, dass es sich der Liebe seiner Eltern immer sicher sein kann. Ganz besonders in herausfordernden Zeiten!